Es gibt ein Leben nach dem Zusammenbruch – und das soll anders sein als vorher, entspannter, gelassener, achtsamer. Aber wie setzt man die guten Vorsätze um? Betroffene erzählen, wie sie sich und ihren Alltag nach dem Zusammenbruch verändert haben.

Andreas K., 39 Jahre Projektleiter in einer IT Abteilung

Die Zeit davor

Andreas K. war seit 7 Jahren Projektleiter für Innovationsmanagement der IT-Abteilung eines renommierten Handelsunternehmens. 80-90 Arbeitsstunden pro Woche, auch WE setzte er für die Abwicklung von damals 7 parallel laufenden Projekten mit jeweils 15 manchmal bis 20 Arbeitspaket-verantwortlichen ein, die meist auch alle in gleichzeitig laufenden Projekten beschäftigt waren.

Er konnte sich schlecht konzentrieren, nahm Arbeit mit nach Hause, um sie dort fertig zu stellen. Durch den hohen Arbeitsaufwand, schränkte er seine privaten Kontakte seit längerem sehr stark ein. Seine Frau und die beiden Kinder, bekamen ihn nur noch selten zu Gesicht. Er liess sich jedoch nichts anmerken, schließlich wollte er nicht sein Gesicht verlieren.

In der letzten Zeit vor seinem Zusammenbruch fühlte er sich müde und erschöpft, in der Nacht hielten Gedanken an den nächsten Tag, ihm vom Schlaf ab – es häuften sich Erkältungskrankheiten, die er nicht kurierte vielmehr ignorierte und starke Kopfschmerzen. Ein Hörsturz folgte und massive Magenprobleme zwangen ihn schließlich ans Institut ibos zu kommen.

Wie habe ich mich gefühlt?

„Ich habe mich am Höhepunkt der Krise gefühlt, als würde ich in einer Garage ständig im Kreis fahren und die Ausfahrt einfach nicht mehr finden. Ich hatte ständig das Gefühl, den Ereignissen hinterherzulaufen, die anstehenden Schwierigkeiten schienen schier unüberwindbar. Ich habe lernen müssen, nicht mehr alles alleine schaffen zu wollen und klar zwischen wichtigen und unwichtigen Dingen zu unterscheiden und auf meinen Körper zu hören. In der größten Erschöpfung glich ein Gang aufs WC einem Aufstieg auf den Himalaja. Das klingt komisch, aber die einfachsten Dinge sind mir schwer gefallen, wie ein einfacher Einkauf im Supermarkt. Wenn schon eine Schlange Menschen an der Kassa angestanden haben, bin ich umgedreht und gegangen. Das war mir alles zu viel.

Jetzt rückwirkend erscheint mir das lächerlich – damals war es fürchterlich. Ich hab mich geschämt dafür – was denken sich die Leute über mich. Früher habe ich 50 Mitarbeiter geführt- jetzt kann ich nicht mal alltägliche Dinge selbständig durchführen.

Die Zeit der Begleitung

Das schwierigste in der Begleitung bei Dr. Tomaschek-Habrina war mir einzugestehen, dass auch ich Grenzen habe, und die nicht ungestraft ausreizen kann. Ich musste akzeptieren, dass ich jetzt einmal eine Ruhe geben muss, um meinen erschöpften Organismus auftanken zu lassen. Ich bin viel zu lange auf Reserve gefahren.

Ich bin dann einen Monat in Krankenstand gegangen. Das schien mir fast unmöglich, mein Arzt und meine Therapeutin haben mir aber da Gott sei Dank keine Wahl gelassen. Meine damalige Psychotherapeutin Lisa Tomaschek-Habrina hat mir als Techniker dann immer den Vergleich mit technischen Geräten gebracht. Sie sagte dann: „Was passiert, wenn ein Computer zu viele Programm offen hat? – Er stürzt ab. Was tut man dann? Mann fährt ihn runter, lädt ihn auf, und startet ihn wieder langsam. Genau das werden wir jetzt auch tun!“ Diese Sprache verstand ich. Das leuchtete mir ein. Kein IT`ler würde einen abgestürzten Computer so behandeln, wie ich mich selbst in der größten Belastung behandelt habe.

Was ich jetzt anders tue?

Die Wochenenden sind heilig. Das musste ich auch meiner Frau versprechen. Unsere Ehe war damals auch bereits am Kippen. Ich war ja nicht mehr ansprechbar. Ich habe ganz klare handyfreie und laptopfreie Zeiten für mich eingerichtet. Ich mache regelmäßig Pausen und habe regelmäßige Mahlzeiten. Das BEEP- Prinzip von Tomaschek-Habrina hat mich daran immer wieder erinnert, eine einfache Merkhilfe für den Alltag. Ich lasse auch meinen Computer im Büro, damit ich nicht in Versuchung komme, abends noch schnell ein paar mails zu checken. Und ich habe wieder begonnen Radfahren zu gehen. Das habe ich lange nicht mehr gemacht. Mein soziales Netz habe ich wieder reaktiviert, dass ich sehr lange Zeit vernachlässigt habe. Gott sei Dank habe ich da ein verständnisvolles Umfeld – ich hatte Angst mich wieder bei ihnen zu melden. Doch die Freude bei ihnen, dass ich mich wieder gemeldet habe, hat bei weitem überwogen. Manche meiner Freunde blieben jedoch unversöhnlich. Da hat sich dann auch der Weizen vom Spreu getrennt.

Dankbar für die Erfahrung

So komisch das klingen mag. Das Burnout war das Beste was mir passieren konnte. Das kann ich natürlich jetzt im nach hinein sagen. Im Moment der totalen Erschöpfung, war mir das natürlich nicht möglich. Ohne den Zusammenbruch, hätte ich nichts an meinem Leben verändert. Ich wäre so weiter gefahren bis … ja bis schlussendlich das Unvermeidliche hätte passieren müssen. Entweder hätte ich einen schweren Unfall gebaut, schlimmstenfalls noch andere mit hineingezogen, und ich hätte ganz sicherlich keine Familie mehr. Das hätte mich dann in jedem Fall umgebracht. Ich weiß das Leben hat mir eine Chance gegeben. Frau Tomaschek-Habrina sagte immer zu mir: „Das Leben hat viele Trainingsmöglichkeiten für uns parat – nutzen Sie sie!“ Ich kann getrost sagen, das tue ich jetzt!

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